AN ARTIST It seems to me artists are not antique enough
INSTINCT Morality is a means of living off others for others
Francis Picabia, Chi-Lo-Sa, 1950
Presse und Berichte:
Danke für das Durcheinander - Süddeutsche Zeitung vom 24.05.24
Die Männer, die Frauen und all die anderen - FAZ vom 09.06.24
Seen & Read, Picabias Frauen - Texte zur Kunst vom 07.06.24
Pressetext
Als sich die neuzeitliche Malerei nach prächtigen Jahrhunderten im Paris der 1920/1930er Jahre
zum Sterben niederlegt, steht Francis Picabia (1879-1953) wie ein verlorener Sohn an ihrer Seite.
Die Energie, mit der sein Künstlerfreund Duchamp folgenreich die Verurteilung des alten
Metiers verlangt, verschwendet Picabia in gleichem Maße an dessen Wiederbelebung. Von seinem
Frust als ehemaliger Dadaist angetrieben, verhilft er 1925 den Figuren von Tizian und Velázquez
zur Aktualität in Gestalt der „Monster“, welche er provokant mit industrieller Lackfarbe
behandelt. Damit immunisiert er seine Malerei – und auch weitere „bad paintings“ – gegen die
Autorität des Geschmacksurteils seiner Zeit. Kurz darauf lockert er das erstickende Korsett des
Stilbegriffs, indem er 1927 mit den „Transparencies“ auftritt. Die durchscheinende Überlagerung
mehrerer Figurenpläne öffnet den Bildraum der Malerei zum Musée imaginaire. Der eingefleischte
Nietzscheaner sucht sein Metier darüber hinaus im Außermoralischen zu kurieren. Picabia lehrt uns
beispielsweise, die Himmelskönigin aus der romanischen Portalplastik gleichgestellt mit dem Pin-
up-Akt aus einer Illustrierten wahrzunehmen. Der Nachkomme alten spanischen Adels hat auch
sein Künstlerimage im Wettstreit mit Duchamp und mit dem anderen Spanier in Paris, mit
Picasso ausgewählt. Während Duchamp die eigene Geistesaristokratie nach dem Vorbild eines
verarmten Uradligen zelebriert, stellt sich Picabia im Bild eines nomadischen Playboys dar, der
mit seinen Yachten an der Côte d'Azur vor Anker geht, wenn er nicht gerade im Sportwagen
vorfährt.
Der schwindelerregend hohe Intelligenzquotient beider Künstlerfreunde bricht sich im Eros,
welchen Duchamp als Transvestit zu seinem Motto macht. Der Beau Picabia hingegen ist dem
chercher la femme derart ergeben, dass ihm Gabrielle Buffet, seine erste Gattin, einen
Mutterkomplex unterstellt. Jede der zahlreichen intellektuellen Facetten seiner Kunst reflektiert
die weibliche Figur. Sie ist das Hauptmotiv dieses Œuvre. Die vorgestellte Auswahl von 1925-
1950 ertastet den Puls der Malerei, der in „Picabias Frauen“ überlebensfähig schlägt.
Die Ausstellung Picabias Frauen eröffnet am Freitag, den 26. April 2024 von 18 – 21 Uhr und ist
bis zum 22. Juni 2024 in der Galerie Michael Werner, Berlin zu sehen. Zu der Ausstellung
erscheint ein Katalog mit einem Text von Dave Hickey.